25.05.2012

Urlaub auch bei Langzeiterkrankungen

Wie bereits vor einigen Monaten an dieser Stelle berichtet, haben das Bundesarbeitsgericht und der Europäische Gerichtshof das deutsche Urlaubsrecht europarechtskonform dahingehend ausgelegt, dass der gesetzliche Mindesturlaub von 4 Wochen pro Jahr nicht zum 31.03. des Folgejahres verfällt, wenn er krankheitsbedingt nicht genommen werden konnte. In der Praxis ergaben sich dadurch Folgestreitigkeiten bei Langzeiterkrankungen. Viele Unternehmer hatten Arbeitsverhältnisse nicht beendet bei langjährig erkrankten Mitarbeitern, da dies scheinbar nichts kostete und eine Wiederaufnahme der Tätigkeit nicht zu erwarten war. Nach der neuen Rechtssprechung drohte aber nunmehr eine Urlaubsabgeltung von mehreren Monatsgehältern bis hin zu mehr als einem Jahresgehalt bei Mitarbeitern, die über 10 Jahre krank waren.

Eine Wende wurde jetzt aber eingeleitet durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.11.2011, nach der nationale Regelungen der Mitgliedsstatten der Europäischen Union den Übertragungszeitraum für Urlaubsansprüche auf 15 Monate begrenzen dürfen. Diese Rechtssprechung wurde sofort umgesetzt mit Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Baden Württemberg vom 21.12.2011 und des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12.01.2012 und 22.03.2012. Nach dieser neuen Rechtssprechung der Landesarbeitsgerichte ist das Bundesurlaubsgesetz europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres auch krankheitsbedingt nicht genommene Urlaubsansprüche verfallen, so dass sich derartige Urlaubsansprüche im Krankheitsfall nicht mehr über Jahre oder gar Jahrzehnte aufbauen können.

Diese für Arbeitnehmer auf den ersten Blick ungünstige Einschränkung ist aus Arbeitgebersicht durchaus begrüßenswert, da es in der Tat schwierig nachvollziehbar war für die Arbeitgeberseite, dass nach einem Übergang aus mehrjähriger Krankheit in die Rente noch Urlaubsabgeltungsansprüche ausgezahlt werden müssen. Beide Seiten haben durch die neue Rechtssprechung den Vorteil, dass der Arbeitgeber nicht mehr zu einer krankheitsbedingten Kündigung gedrängt wird, um das langjährige Ansammeln von Urlaubsansprüchen zu vermeiden. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die neue Tendenz der Rechtssprechung der Landesarbeitsgerichte akzeptiert oder beendet.

 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck