Gehaltsrückstände lassen nicht automatisch auf eine Zahlungsunfähigkeit schließen

Aufgrund von Gehaltsrückständen kann nicht automatisch auf eine Kenntnis des Arbeitnehmers von der Zahlungsunfähigkeit seines Chefs geschlossen werden.


In dem zugrunde liegenden Sachverhalt verlangte ein Insolvenzverwalter von dem betroffenem Arbeitnehmer rund 5.900 Euro an Gehaltszahlungen zurück erstattet. Diesen Betrag hatte der Mitarbeiter in dem Zeitraum vom 04. bis zum 10.05.2007 als Lohn für die Monate Januar, Februar und März 2007 erhalten. Am 10.07.2007 stellte der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag bei Gericht. Anfang Oktober 2007 erklärte der Insolvenzverwalter die Anfechtung gegenüber dem Arbeitnehmer und forderte ihn zur Rückerstattung der erhaltenen Löhne auf. Dabei ging der Insolvenzverwalter von der Annahme aus, dass der Arbeitnehmer Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers hatte, oder Kenntnis von Umständen hatte, die diesen Schluss zwingend nahe gelegt hätten. In diesem Fall wäre die Zahlung der Gelder nämlich eine Benachteiligung der anderen Gläubiger gewesen, in deren Folge der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Zahlung in diesem Zeitpunkt gehabt hätte. Hiergegen wandte sich der betroffene Arbeitnehmer mit seiner Klage und wurde durch die Gerichte in seiner Auffassung bestätigt.

Nach Ansicht der Richter durfte alleine aus den Gehaltsrückständen nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer um die Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers wusste. Auch die Kenntnis, das nicht nur die eigenen Gehälter betroffen sind , sondern auch weitere Arbeitnehmer offene Forderungen hatten, berechtigte nach Ansicht der Richter nicht zu einem eindeutigen Urteil über die finanzielle Situation. Im Übrigen war der Kläger nicht mit der Buchhaltung des Arbeitgebers vertraut gewesen, oder habe Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich gehabt, welche einen besseren Einblick in die Situation des Arbeitgebers gewährt hätten. Aus selbigen Gründen sei auch eine Kenntnis der drohende_Zahlungsunfähigkeit abzulehnen

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sei es somit nicht gerechtfertigt, den Arbeitnehmer zur Rückzahlung des Gehalts an den Insolvenzverwalter zu verurteilen.
 
Bundesarbeitsgericht, Urteil BAG 6 AZR 262 10 vom 06.10.2011
Normen: §§ 129 ff., 142 InsO
[bns]