Keine zulässige Kündigung eines in einem katholischen Krankenhaus tätigen Chefarztes aufgrund einer Wiederverheiratung

Das BAG entschied, dass eine ordentliche Kündigung eines in einem katholischen Krankenhaus beschäftigten katholischen Chefarztes nicht zwangsläufig bei einer Wiederverheiratung gerechtfertigt ist.


Der in einem katholischen Krankenhaus tätige Chefarzt lebte nach seiner Trennung von seiner ersten Ehefrau, mit seiner jetzigen Ehefrau über zwei Jahre in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, bevor er 2008 wieder standesamtlich heiratete.
Der Arbeitsvertrag erforderte von den Mitarbeitern die Anerkennung und Beachtung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre, wobei eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen bei schwerwiegenden Loyalitätsverstößen ausdrücklich in Betracht kommen sollte. In dem betreffenden Krankenhaus wurden auch nicht katholische, wiederverheiratete Chefärzte beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. März 2009 ordentlich zum 30. September 2009.

Das BAG erklärte die Kündigung für unwirksam. Demnach können Religionsgemeinschaften und ihre entsprechenden Einrichtungen von ihren Beschäftigten zwar ein loyales Verhalten verlangen, mithin kann die Wiederverheiratung nach katholischem Verständnis als Loyalitätsverstoß gewertet werden. Jedoch muss nach einer Abwägung der beiderseitigen Interessen der Loyalitätsverstoß derart ins Gewicht fallen, dass dem Arbeitgeber ein Festhalten am gegenseitigen Vertrag nicht mehr zumutbar ist.
Zwar liege ein beträchtlicher Loyalitätsverstoß vor. Dieser wiegt jedoch nicht so schwer, dass das Interesse des Chefarztes an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zurücktrete.
Insbesondere hat das BAG berücksichtigt, dass das Krankenhaus selbst sowohl in seiner Grundordnung als auch in seiner Praxis auf ein ausnahmslos der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes Lebenszeugnis verzichtet und auch nichtkatholische, wiederverheirateter Ärzte beschäftigt. Zudem hat das Krankenhaus die zweijährige nichteheliche Lebensgemeinschaft des Chefarztes nicht beanstandet und hingenommen. Auch stehe der Arzt weiterhin zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre, wobei auch der grundrechtlich geschützte Wunsch des Arztes und seiner jetzigen Ehefrau zu achten ist, in einer nach den Maßstäben des bürgerlichen Rechts geordneten Ehe zusammenleben zu dürfen.
 
Bundesarbeitsgericht, Urteil BAG 2 AZR 543 10 vom 08.09.2011
Normen: KSchG § 1
[bns]